Der Verein „Riebeckstraße 63 e. V.“ sowie die „Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau“ laden herzlich zum Erzählcafé ein. Die Veranstaltung richtet sich an Betroffene, die während der DDR-Zeit in Venerologischen Stationen untergebracht waren, sowie an deren Angehörige.

Wo:
in den Räumen der ev.-luth. Erlöserkirchgemeinde Leipzig-Thonberg
(Dauthestr. 1A, 04317 Leipzig) auf dem historischen Gelände der Riebeckstraße 63

Wann:
16.5.2024, 16:30 – 18:30

In dieser Ausgabe möchten die Veranstalter die persönliche Aufarbeitung von betroffenen Frauen in den Mittelpunkt stellen. Was hat geholfen über das Erlebte zu sprechen und wer konnte dabei unterstützen? Dabei sollen auch überwundene und bestehende Hindernisse in diesem Prozess thematisiert werden.

Über die Veranstalter:
Der Initiativkreis Riebeckstraße 63 gründete sich 2019 am historischen Ort der ehemaligen städtischen Arbeitsanstalt. Die Riebeckstraße 63 war ein Kristallisationsort sozialer Ausgrenzung über die politischen Systeme des 19. und 20. Jahrhunderts hinweg. Seit ihrer Gründung stand sie für eine repressive kommunale Fürsorgepolitik, die gesellschaftlichen Phänomenen wie Armut, Arbeitslosigkeit und psychischen Erkrankungen mit Ausgrenzung, Disziplinierung und Arbeitszwang begegnete. Der Initiativkreis setzt sich für die Gestaltung eines lebendigen Erinnerungsortes ein. Zentral ist die Forderung nach einem Gedenken und Lernen am authentischen Ort.

Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau ist bundesweit die einzige Gedenkstätte, die eine Auseinandersetzung mit den repressiven Machtstrukturen innerhalb des Bildungs- und Erziehungsapparats der DDR am historischen Ort ermöglicht. Sie ist heute ein Ort des historisch-politischen Lernens, der auf die Notwendigkeit gesellschaftlicher Grundwerte wie Menschenwürde, Freiheit und die Bedeutung demokratischer Umgangsformen verweist.

Für Rückfragen stehen wir unter verein@riebeckstrasse63.de und j.weiss@jugendwerkhof-torgau.de (Juliane Weiß, Gedenkstätte GJWH Torgau) zur Verfügung.

Am 22. April 2024 wurden die Forschungsergebnisse der Vorstudie „Zwangsar­beit politischer Häftlinge in Strafvollzugseinrichtungen der DDR“ im Senatssaal der Humboldt-Universität vorgestellt. Das Forschungsprojekt war von der UOKG initiiert worden und wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg Baberowski, Lehrstuhlinhaber für die Geschichte Osteuropas an der Humboldt Universität zu Berlin realisiert. Die Autoren der Studie sind Dr. Markus Mirschel und Samuel Kunze.

Dr. Markus Mirschel führte aus, dass der Nachweis vollständiger Lieferketten von der Werkhalle des Produzenten bis hin zum Abnehmer im Westen zwar aufwändig, in einer großen Zahl von Fällen aber möglich ist. Er verdeutlichte dies am konkreten Beispiel des Exportschlagers der Damenfeinstrumpfhosen des ehemaligen VEB Strumpfkombinat Esda Thalheim, ausgehend von der Pro­duktion in der ehemaligen Strafvollzugseinrichtung Hoheneck bis hin zum End­verkäufer Aldi Nord.

Samuel Kunze, verantwortlich für den Bereich „chronische Gesundheitsschä­den durch DDR-Zwangsarbeit“, untersuchte die langfristigen Wirkungen von giftigen Chemikalien wie Chromoxid und Quecksilber, denen politische Gefan­gene der DDR extrem ausgesetzt waren, im Vergleich mit internationalen Studien. Mit derartigen Detailuntersuchungen können in Zukunft aufwändige Gutachter-Prozesse überflüssig werden.

Dazu Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der UOKG:

Das Verhalten von Politik und erfolgreichen Unternehmen, die an der Vermarktung von Produkten aus der Zwangsarbeit politischer Häftlinge der DDR Gewinne erzielt haben, ist beschämend. Die Haltung erfolgreicher Unternehmen wie Otto Group, die sich vor einer moralischen Verantwortung drücken und zusätzlich den betroffenen ehemaligen Häftlingen unlautere Motive unterstellen und ihnen drohen, ist empörend. Um unternehmerisch verantwortungsvoll zu handeln, sollte es keines Lieferkettengesetzes bedürfen, menschlicher Anstand sollte reichen. Einzig die Firma IKEA ist hier mit gutem Beispiel vorangegangen.“

Die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke hat heute dem Bundestag einen Sonderbericht zur Verbesserung der Anerkennung von Gesundheitsschäden von Opfern der SBZ/SED-Diktatur vorgelegt.

Ihrem Kommentar in der dazugehörigen Pressemitteilung kann bereits die Grundlage für einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf entnommen werden:

Evelyn Zupke:
„Die Schädigungen der SED-Opfer liegen mehrere Jahrzehnte zurück und erfolgten in den Strukturen eines repressiven Staats. Mit dem Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs werden hier Kriterien angelegt, die für die Mehrheit der Opfer von politischer Verfolgung in der DDR nicht erfüllbar sind. Das Scheitern der Opfer liegt damit im System.“

Die UOKG e.V. schließt sich der Forderung nach einer Verbesserung der Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden umfänglich an.

Dazu Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der UOKG:
„Wir haben keinerlei Verständnis dafür, dass die Opfer der SBZ/SED-Diktatur im 35. Jahr nach der Friedlichen Revolution so ausgegrenzt werden und das Thema kein Interesse findet. Der Gesetzgeber sollte sich endlich um die Menschen kümmern, die schwere gesundheitliche Schäden davongetragen haben, weil sie unschuldig staatlicher Gewalt ausgesetzt waren.“

[Beitragsbild: Evelyn Zupke und Dieter Dombrowski bei einer Veranstaltung im Deutschen Bundestag 2022, Foto: Alesch Mühlbauer/UOKG]

Aus Anlass der Verhaftung der seit dreißig Jahren als RAF-Terroristin gesuchten Daniela Klette hat der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), Dieter Dombrowski, gefordert, eine mögliche Beteiligung des Ministeriums für Staatssicherheit an den RAF-Morden umfassend zu prüfen. Es gehörte zu den inzwischen bekannten Strategien des MfS, alles zu unterstützen, was die bundesdeutsche Gesellschaft untergraben könnte. RND, das Redaktionelle Netzwerk Deutschland, zitiert Dombrowski: „Das Thema Komplott- und Mordbeteiligungen des Ministeriums für Staatssicherheit ist sehr wahrscheinlich größer, als es öffentlich diskutiert wird, denn es hatte ein großes Interesse daran, die Gesellschaft zu destabilisieren.“ Er fügte hinzu: „Man wird den ganzen Komplex neu bewerten müssen.“

Lesen Sie die Meldung bei RND.

[Beitragsbild: Von Ratatosk – original WMF-file from http://www.rafinfo.de/archiv/logo.php?pic=logo03.wmf, converted to SVG, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1302390]

Die UOKG hat im Rahmen des Förderprogramms „Jugend erinnert“ ein Webportal konzipiert, das Informationen und Materialien zum Thema DDR-Zwangsarbeit bereithält.

Das Webportal bietet unter der Adresse www.zwangsarbeit-ddr.de eine interaktive Karte, historische Hintergrundinformationen, zehn Video-Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie zahlreiche Literaturtipps. Zudem wird die Seite demnächst Bildungsmaterialien bereithalten, die zur Zeit konzipiert werden.

Die interaktive Karte listet alle der UOKG bekannten Orte der Zwangsarbeit in der DDR auf. Die Nutzerinnen und Nutzer finden neben Strafvollzugseinrichtungen auch Durchgangsheime und Jugendwerkhöfe. Die Einträge werden laufend vervollständigt und erweitert.

Eine persönliche Perspektive auf das Thema Zwangsarbeit bieten die zehn Zeitzeugeninterviews, die in der Mediathek der Seite zu finden sind. Dieter Dombrowski, Thomas Drescher, Anne Hahn, Frank Herrmann, Silvia Krause, Cornelia Kurtz, Falk Mrázek, Alexander Müller, Carla Ottmann und Birgit Schlicke geben Einblicke in ihre Zeit als politische Häftlinge bzw. als Jugendliche im DDR-Heimsystem. Sie berichten, unter welchen Bedingungen sie für DDR-Betriebe wie Pentacon Dresden, Planet Eppendorf oder im Stahlwerk Riesa im Akkord Produkte herstellen mussten, die häufig in der Bundesrepublik verkauft wurden.

Die noch in der Entwicklung stehenden Bildungsmaterialien sind als Angebot an Schulen, Gedenkstätten und freie Träger der politischen Bildung gedacht, das Thema DDR-Zwangsarbeit stärker in ihre Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu integrieren. Die Materialien werden verschiedene Aufgaben bereithalten, bei denen die Teilnehmenden mit Kurzversionen der Zeitzeugeninterviews und mit weiteren Materialien arbeiten müssen.

Projektleitung:
Alesch Mühlbauer
Tel.: 030 43206742
E-mail: muehlbauer@uokg.de

Wissenschaftliche Begleitung:
Dr. Christian Sachse, Sandra Czech

Kamera und Ton:
Christoph-Lucas Hütter

Beitragsbild:
Christiane Eisler

Die Hessische Landeszentrale für Politische Bildung errichtet für das Land Hessen und mit Unterstützung der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien auf dem Gelände des ehemaligen Bundesnotaufnahmelagers im Meisenbornweg in Gießen einen Lern- und Erinnerungsort. Dieser wird an die Flucht- und Übersiedlungserfahrungen von Flüchtlingen und freigekauften politischen Häftlingen aus der DDR erinnern. Im Mittelpunkt der Dauerausstellung stehen die Erlebnisse der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen – vor allem der geflüchteten und übergesiedelten Menschen aus der DDR. Darüber hinaus werden der schrittweise Ausbau des Lagers, die Etappen des Notaufnahmeverfahrens, die Arbeit der bundesdeutschen
und alliierten Geheimdienste, die Aktivitäten der Staatssicherheit der DDR und das Verhältnis des Notaufnahmelagers zur Stadt Gießen dokumentiert. In der Ausstellung wird zudem die Nutzung des Ortes als zentrale Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen für Spätaussiedler und Asylbewerber bis 2018 geschildert.

Aktuell werden Zeitzeugen gesucht, die von ihren Erfahrungen im und mit dem NAL berichten können. Die Zeitzeugen sollten dazu bereit sein, ihre Erzählungen via Audio und/oder Video aufzeichnen zu lassen. Ziel ist es, mithilfe der Zeitzeugenberichte die Geschichte des NAL lebendig werden zu lassen und inhaltliche Wissenslücken zu schließen. Die persönlichen Erfahrungsberichte werden in einer Zeitzeugendatenbank gesammelt und für die historisch-politische Bildung sowie für die wissenschaftliche Forschung im Lern- und Erinnerungsort zur Verfügung gestellt. Einige der Zeitzeugeninterviews werden auch Eingang in die neue Dauerausstellung finden. Der Zeitzeugenaufruf richtet sich an die Heimatvertriebenen aus den ehemaligen deutschen Siedlungsgebieten in Osteuropa, Flüchtlinge und Übersiedler aus der SBZ/DDR, Spätaussiedler und Asylbewerber, die zwischen November 1945 und 2018 das Notaufnahmelager Gießen im Meisenbornweg durchlaufen haben. Der Aufruf spricht auch die ehemaligen Mitarbeiter der Verwaltung des NAL und der Bundesnotaufnahme an sowie Personen, die ehrenamtlich, in caritativen/kirchlichen und anderen Organisationen in die Flüchtlingsbetreuung eingebunden waren.
Folgende Gruppen von Zeitzeugen sind dabei von besonderem Interesse:

  • Menschen, die in den 1940er und 1950er Jahren aus der SBZ/DDR nach
    Gießen kamen und zunächst als Flüchtlinge abgelehnt wurden (Illegale).
  • Jugendliche Flüchtlinge, die in den Jugendlagern des NAL (Haus
    Elisabeth/Jugendheim Krofdorf-Gleiberg) untergebracht waren.
  • Ehemalige Studierende, Schwesternschülerinnen, Kripobeamte und andere (Gießener), die ab 1964 im NAL gewohnt oder gearbeitet haben.
  • Ehemalige Mitarbeitende, die Auskunft über den Alltag im Lager geben
    können besonders aus der Anfangszeit
  • Ehemalige Volkspolizisten, NVA-Angehörige etc., die nach Gießen geflohen sind.
  • Ausreiseantragsteller, die im Zuge der großen Flüchtlingswellen 1984 und 1989 nach Gießen kamen.
  • Oppositionelle, die aus der DDR ausgewiesen wurden oder ausgereist sind und im NAL untergebracht waren.

Zeitzeugen melden sich bitte mit Kontaktdaten und einer kurzen Beschreibung ihrer NAL-Erfahrung unter zeitzeugen@nal-giessen.de. Darüber hinaus werden für die Dauerausstellung und das Archiv des Lern- und Erinnerungsortes auch Exponate jeder Art rund um das ehemalige Notaufnahmelager gesucht: Fotos, Dokumente, Medienberichte, Gegenstände usw.

Foto: Jan Peter Kasper; ADN-ZB-Kasper-10.11.89-Bez. Gera: Reiseregelung-Tausende Bürger passierten mit ihrem PKW die Grenzübergangsstelle Hirschberg (Kreis Schleiz). Viele entschieden sich noch während der Fahrt zum tschechoslowakischen Grenzübergang Schöneberg, doch den am nächsten gelegenen Grenzübergang zur BRD zu benutzen.