Aufgrund inflationärer Hotelpreise anlässlich der Fußball-Europameisterschaft trafen wir uns nicht wie üblich Mitte Juni, sondern bereits am 1. und 2. Juni 2024, um uns über die Ereignisse der letzten sechs Monate auszutauschen und zukünftige Vorstellungen, Aufgaben, Vorgehensweisen zu besprechen. Wir danken allen für das zahlreiche Erscheinen bei strahlendem Sonnenschein.
Das Verbändetreffen wird von der Bundesgeschäftsstelle der UOKG gerne genutzt, um die Mitglieder über neue Initiativen, Projekte und Erkenntnisse zu informieren.

Petra Morawe, langjährige Referentin bei der Brandenburgischen Landesbeauftragten und nun im wohlverdienten Ruhestand, stellte uns ihr Projekt „Trauma-Fachberatungen“ vor. Aufgrund ihrer Erfahrung in dem Bereich, weiß Frau Morawe wie wichtig es ist, den Betroffenen auch niedrigschwellige Angebote zu unterbreiten, bei denen sie sich nicht unter Druck gesetzt fühlen. Mit Fingerspitzengefühl bietet Frau Morawe den Ratsuchenden hier viel Spielraum ihre Angebote zu nutzen, sodass diese nicht als zusätzliche Belastung empfunden werden. So nutzten seit Oktober 2021 insgesamt 50 Menschen und zwei Drittel davon mehrfach ihr Angebot. Der vollständige Vortrag von Frau Morawe kann auf dem YouTube-Kanal UOKGNews unter diesem Link nachgeschaut werden.

Alesch Mühlbauer stellte als Projektleiter das „Webportal DDR-Zwangsarbeit“ vor, welches er im Rahmen des Förderprogramms „Jugend erinnert!“ erarbeitet hat. Es handelt sich hierbei um eine Webseite, die zahlreiche Informationen rund um das Thema Zwangsarbeit in DDR-Haft bietet. Einerseits können Interessierte, Betroffene, Wissenschaftler, Schüler und Studenten sich hier einen guten Überblick über die Thematik anhand historischer Hintergrundinformationen, persönlicher Zeitzeugen-Interviews und weiterführender Literatur verschaffen. Andererseits können Multiplikatoren dieses Webportal ganz konkret in der Bildungsarbeit einsetzen. Die erarbeiteten Bildungsmaterialien mit aktuellem Bezug sind für den klassischen Schulunterricht aber auch für Seminare mit Studenten und Erwachsenen gut nutzbar. Eine tolle Ergänzung stellt die interaktive Karte dar, auf der sehr viele Strafvollzugsanstalten, Jugendwerkhöfe und Durchgangsheime mit den jeweiligen Arbeitseinsatzbetrieben verzeichnet sind. Natürlich ist – wie von Kennern einstimmig festgestellt wurde – so eine interaktive Karte allein in der Entstehung aber auch im Nachgang arbeitsintensiv, indem immer wieder neue Erkenntnisse hinzugefügt werden müssen. Die komplette Vorstellung des Webportals kann auf dem YouTube-Kanal UOKGNews unter diesem Link angeschaut werden.

Ein möglichweise baldiges Neu-Mitglied der UOKG ist der noch recht junge Verein „Gedenkort Neubrandenburger Lindenberg Stasi-Untersuchungshaftanstalt e.V.“, der sich am 2. November 2022 gründete, um unter anderem den Abriss der Gebäude der ehemaligen jüngsten Stasi-UHA zu verhindern. Erst 1987 von der Stasi in Betrieb genommen, wurden die Gebäude auf dem berüchtigten Lindenberg in Neubrandenburg noch bis 2018 als JVA genutzt. Thoralf Maaß, Zeitzeuge und Vorsitzender des Vereins setzt sich gemeinsam mit Prof. Dr. Kai Brauer, stellv. Vorsitzender und tätig an der Hochschule Neubrandenburg im Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung sehr für die Errichtung eines Gedenkortes ein. Prof. Brauer berichtete den Mitgliedern über die Entstehung und Ziele des Vereins und veranschaulichte das Gelände und die Gebäude der ehemaligen Stasi-UHA mit zahlreichen alten und neuen Fotoaufnahmen. Unser Bundesvorsitzender Dieter Dombrowski sagte sogleich zu, am 11. Juni 2024 an der Begehung des Geländes mit den zuständigen Beteiligten vor Ort teilzunehmen. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der Hochschule unter diesem Link.

In der sich anschließenden Mitgliederversammlung berichteten unsere Mitglieder wieder über ihre zahlreichen Bemühungen die Erinnerung an das Unrecht wachzuhalten. Oft wird in Form von Gedenkveranstaltungen an die Opfer in der SBZ und DDR gedacht, aber immer mehr kommt es auch darauf an, das Wissen in neuen pädagogischen Formen der Jugend und dem unwissenden oder verklärendem Bevölkerungsteilen nahe zu bringen. Die Lagergemeinschaft Workuta stellte hierzu, die Verknüpfung zweier Webseiten vor. Es ist so wichtig, die Bemühungen und umfangreichen Arbeiten einzelner Projekte in Verbindung zu bringen. Keiner weiß alles, aber viele wissen mehr als einer.
Weiterhin wurden natürlich auch die Sorgen der Betroffenen besprochen. Insbesondere der Referentenentwurf zur Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze des Bundesministeriums für Justiz enthielt hier gewisse Sprengkraft und wurde hitzig diskutiert. Der Bundesvorsitzende appellierte hier aufgrund seiner Erfahrung im politischen Gesetzgebungsverfahren an alle, die Möglichkeit der Stellungnahme bis zum 21. Juni 2024 aktiv zu nutzen.
Und wir können ein neues Mitglied in der UOKG begrüßen. Janie Frómeta Compte stellte den im Mai 2022 gegründeten Verein „PatriaYVida“ aus Dresden vor, dessen Aufnahme in der sich anschließenden Abstimmung mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Willkommen in der UOKG! Der Verein setzt sich in erster Linie für die aus politischen Gründen Inhaftierten in Kuba ein. Seit Juli 2021 finden landesweite Proteste statt, die zahlreiche Inhaftierungen zur Folge hatten. Das neue Mitglied trägt den wohlklingenden Namen PatriaYVida (Vaterland und Leben) und grenzt sich damit deutlich gegenüber der kubanischen Kommunisten-Parole „Patria o Muerte“ (Vaterland oder Tod) ab. Menschenrechte, Freiheit, Solidarität und Demokratie Dresden Kuba Freiheit Menschenrechte (patriayvida-verein.de)
Am Sonntag, den 2. Juni 2024 trafen wir uns im Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer wieder. Der eine oder andere dachte sicher, er wüsste schon alles über die Mauer. Aber die Stadtführerin Anna Haase erzählte uns entlang des 1,5 Kilometer langen „Mauerstreifens“ auf sehr unterhaltsame Art noch viele unbekannte Anekdoten über die Teilung der Stadt Berlin. Bei Interesse schauen sie mal auf ihre Webseite (www.annahaase.de).

Fotos: Lucas Hütter/UOKG

Die UOKG hat im Rahmen des Förderprogramms „Jugend erinnert“ ein Webportal konzipiert, das Informationen und Materialien zum Thema DDR-Zwangsarbeit bereithält.

Das Webportal bietet unter der Adresse www.zwangsarbeit-ddr.de eine interaktive Karte, historische Hintergrundinformationen, zehn Video-Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie zahlreiche Literaturtipps. Zudem wird die Seite demnächst Bildungsmaterialien bereithalten, die zur Zeit konzipiert werden.

Die interaktive Karte listet alle der UOKG bekannten Orte der Zwangsarbeit in der DDR auf. Die Nutzerinnen und Nutzer finden neben Strafvollzugseinrichtungen auch Durchgangsheime und Jugendwerkhöfe. Die Einträge werden laufend vervollständigt und erweitert.

Eine persönliche Perspektive auf das Thema Zwangsarbeit bieten die zehn Zeitzeugeninterviews, die in der Mediathek der Seite zu finden sind. Dieter Dombrowski, Thomas Drescher, Anne Hahn, Frank Herrmann, Silvia Krause, Cornelia Kurtz, Falk Mrázek, Alexander Müller, Carla Ottmann und Birgit Schlicke geben Einblicke in ihre Zeit als politische Häftlinge bzw. als Jugendliche im DDR-Heimsystem. Sie berichten, unter welchen Bedingungen sie für DDR-Betriebe wie Pentacon Dresden, Planet Eppendorf oder im Stahlwerk Riesa im Akkord Produkte herstellen mussten, die häufig in der Bundesrepublik verkauft wurden.

Die noch in der Entwicklung stehenden Bildungsmaterialien sind als Angebot an Schulen, Gedenkstätten und freie Träger der politischen Bildung gedacht, das Thema DDR-Zwangsarbeit stärker in ihre Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu integrieren. Die Materialien werden verschiedene Aufgaben bereithalten, bei denen die Teilnehmenden mit Kurzversionen der Zeitzeugeninterviews und mit weiteren Materialien arbeiten müssen.

Projektleitung:
Alesch Mühlbauer
Tel.: 030 43206742
E-mail: muehlbauer@uokg.de

Wissenschaftliche Begleitung:
Dr. Christian Sachse, Sandra Czech

Kamera und Ton:
Christoph-Lucas Hütter

Beitragsbild:
Christiane Eisler

 

22. April 2024 im Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10117 Berlin

Die UOKG e. V. initiierte Ende 2022 eine von der Beauftragten für Kultur und Medien finanzierte Vorstudie mit dem Titel „Zwangsarbeit politischer Häftlinge in Strafvollzugseinrichtungen der DDR“. Die Durchführung der Forschungen realisierte die Humboldt-Universität zu Berlin, unter der Leitung von Professor Jörg Baberowski. Es freut uns, dass diese wie geplant abgeschlossen werden konnte und die beteiligten Wissenschaftler Samuel Kunze und Dr. Markus Mirschel am 22. April 2024 die Ergebnisse ihrer Forschungen vorstellen werden.

Die Vorstudie umfasst zwei Teilprojekte. Im ersten Teilprojekt sollten die Möglichkeiten der Rekonstruktion von vollständigen Lieferketten für DDR-Exportprodukte eruiert werden, die mit Haftzwangsarbeit hergestellt wurden. Im zweiten Teilprojekt wurden die gesundheitlichen Folgeschäden für politische Häftlinge aufgrund pathogener Arbeitsbedingungen in den Blick genommen. Durch eine intensive Aufklärung der Arbeitsbedingungen u. a. im Hinblick auf verwendete Gefahrenstoffe, soll für die Betroffenen eine Verbesserung bei der Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden von Haftzwangsarbeit erreicht werden.

Weiterhin stellt die Sensibilisierung einer breiten Bevölkerung für die zum Teil unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen hergestellten Produkte offenbar eine rein zivilgesellschaftliche Aufgabe dar. Wirtschaft und Politik haben lange Zeit die Augen vor diesem Unrecht verschlossen. Aktuell ist die wirksamere Einflussnahme auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei deutschen Importen Gegenstand politischer Kontoversen.

Wir laden Sie recht herzlich zur Präsentation der Forschungsergebnisse im Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin ein und würden uns freuen, Sie bei der Veranstaltung begrüßen zu dürfen.

Programmablauf:

18:00 Uhr Begrüßung & Grußworte

Prof. Dr. Jörg Baberowski, Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl für die Geschichte Osteuropas

Evelyn Zupke, SED-Opferbeauftragte beim Deutschen Bundestag

Dr. Thomas Lindner, Ministerialrat bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

Dieter Dombrowski, Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V.  

18:30 Uhr Vorträge & Fragerunde

Dr. Markus Mirschel – Lieferketten

Samuel Kunze – Gesundheitsschäden

ca. 19:30 Uhr Empfang & Austausch

Um Anmeldung wird gebeten! Bitte eine kurze Mitteilung an: s.czech@uokg.de             

Foto: Schuhproduktion im „Roten Ochsen“, StVE Halle/Saale I um 1983
Quelle: MfS-BV-Hle-AG-XXII-Sach-Nr-1-Seite-0029-Bild-0002